Dies ist vor allem dem überzeugenden Schauspiel Kühnleins zu verdanken. Zu Beginn rauscht sie auf die Bühne, singt lauthals "Das ist die Liebe der Matrosen", schwärmt, träumt und verkündet aufgedreht: "Ich werde ein Glanz."
Zunehmende Verzweiflung
Doch nach und nach schleichen sich zunächst Nachdenklichkeit und schließlich Verzweiflung in das Spiel. Am Ende verlässt Kühnlein weinend die Bühne, was sie auch dann noch herzzerreißend spielt, wenn sie schon längst aus dem Scheinwerferlicht verschwunden und für kaum noch einen Zuschauer zu sehen ist.
Leichte Kost ist das nicht. Die Konzeption des Stückes verlangt vom Zuschauer höchste Konzentration und ein gewisses Maß an Vorstellungskraft. Angesichts der Flut von "Männergeschichten" verliert man gerne mal den Faden. Doch spätestens beim dramatischen Höhepunkt leidet man mit Doris mit.
Das alles findet auf einer geradezu winzigen Bühne statt, auf der nur einige wenige Requisiten Platz finden: Zwei Kleiderstangen voller Klamotten, ein Sitzpolster und ein stählernes Bett. Doch Kühnlein weiß, damit umzugehen: Sie taucht in den Kleider-Wald ein, um sich umzuziehen, erzählt dabei munter weiter, verrückt die Kulissen von der einen Ecke zur anderen, und entlockt dem Publikum ein Raunen, als sie beherzt auf das Bett hüpft und in die Luft katapultiert wird.
Musik gibt Stimmung vor
Ergänzt wird das großartige Schauspiel von live eingespielter Musik. Dorin Grama am Akkordeon und Nicholas Charkviani am Schlagzeug begleiten dabei nicht nur die zahlreichen Gesangsnummern, sondern untermalen das gesamte Stück und erzeugen so stets die richtige Atmosphäre. Beispielsweise werden die politischen Wirren der Zeit angedeutet durch einen raschen Wechsel von der "Internationalen" zu "Preußens Gloria". Und ein zunehmend ins Abgründige entfremdete "Stille Nacht" verdeutlicht die Tristes eines deprimierenden Weihnachtsabends. Statt süßlich auf die Tränendrüse zu drücken, changiert die Musik zwischen manischer Fröhlichkeit und angstvoller Verzweiflung.
Bei den Zuschauern kommt das Stück gut an. Am Ende gibt es langanhaltenden Applaus. Germanistikstudent Rafael Barth lobt "die sehr lebendige Darbietung". Ebenso zeigt sich Klara Nabholz von der schauspielerischen Leistung begeistert und ergänzt: "Auch die Musik war toll." Bettina Rega-Heiß lobt die Kreativität angesichts der Herausforderungen der Corona-Pandemie: "Ich finde, das ist ein gelungener Versuch, den Kulturbetrieb aufrecht zu erhalten."
August 10, 2020 at 10:58PM
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Sulz a. N.: Aus der Provinz in die Metropole - Sulz a. N. - Schwarzwälder Bote
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glatt
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